Bewegungsmangel bei Mädchen

Warum sich Mädchen weniger bewegen als Jungs

Eltern beeinflussen oft unbewusst das Bewegungsverhalten ihrer Kinder. Ob sich Mädchen im Alltag ausreichend bewegen, hängt auch davon ab, ob Eltern dies überhaupt zulassen. Dabei spielen Wertvorstellungen eine Rolle, aber aber biologische und finanzielle Faktoren.

Gründe für mangelnde Bewegung bei Mädchen

Jens Bucksch, Professor für Prävention und Gesundheitsförderung, ist Mitautor der Kinder- und Jugendgesundheitsstudie „Health Behaviour in School-aged Children„. In einem Interview mit ZEIT Online erklärt er, welche Faktoren auf das Aktivitätslevel von 11- bis 15-jährigen Mädchen Einfluss haben. Er sieht hier vor allem drei wesentliche Faktoren, die Bewegungsmangel bei Mädchen begünstigen.

1. Körperliche Veränderungen in der Pubertät

Zum einen sind da biologische Faktoren. Bei Kindern ab 11 Jahren beginnt gerade die Pubertät. In dieser Zeit erleben sie, wie sich ihre Körper zunehmend verändern. Bei Mädchen, so Bucksch, seien diese Veränderungen gravierender als bei Jungs. Dabei könne festgestellt werden, dass Mädchen eher dazu neigten, ihre Körper nicht so gerne herzuzeigen. Das könne zu Mangelbewegung führen.

Jungs hingegen seien offener im Umgang mit ihren sich verändernden Körpern, und eher bereit, ihre zunehmende Maskulinität auch herzuzeigen und zu inszenieren.

2. Mädchen werden von Eltern eher gefahren

Zudem sei es gesellschaftlich eher so, dass Mädchen weniger Bewegungsfreiraum zugestanden werde. Eltern neigten dazu, eher Mädchen als Jungs mit dem Auto von A nach B zu fahren. Das habe u.a. mit einem erhöhten Sicherheitsempfinden gegenüber Mädchen zu tun. Studien belegen dies, so Bucksch.

Auch Jungen werden immer häufiger gefahren – zur Schule, zur Feier, zum Verein. Doch bei Mädchen würde das noch deutlich häufiger vorkommen.

3. Finanzielle Situation der Eltern

Natürlich spielt auch Geld bei der Freizeitgestaltung eine Rolle. Haben die Eltern wenig finanziellen Spielraum, können sie sich Sportvereine oder andere sportliche Aktivitäten nicht leisten. Und zwar für ihre Kinder nicht, und auch für sich selbst nicht.

So können Eltern auch keine Vorbildfunktion für ihre Kinder einnehmen, und ihnen nur schwer die Botschaft mitgeben: Regelmäßige Bewegung ist für dich und deine Gesundheit wichtig.

Kombiniert mit gesellschaftlichen Vorstellungen, was Mädchen und Jungs „zumutbar“ ist (der Weg zum Bäcker ja, der Weg in die Schule nein), sowie dem oben erwähnten Sicherheitsempfinden, werden Ausgaben für Sport- und Bewegungsangebote, v.a. wenn eh schon wenig Geld da ist, bei Mädchen noch unwahrscheinlicher als bei Jungs. Dabei wäre das so wichtig.

Wir brauchen diese 60 Minuten Bewegung täglich. Es muss einfach überall Bewegungsanlässe geben.

Quelle: Jens Bucksch in ZEIT Online

Was gegen Bewegungsmangel bei Mädchen hilft

Laut Jens Bucksch müssten verschiedene Maßnahmen ineinandergreifen, um der mangelnden Bewegung bei Kindern und Jugendlichen generell, aber insbesondere auch bei Mädchen, zu begegnen.

Eine Schulstunde mehr Sport pro Woche greife zu kurz. Bucksch denkt dabei eher an Maßnahmen wie den „bewegten Schulweg“.

1. Der bewegte Schulweg

„Bewegter Schulweg“ bedeutet, Kinder werden nicht von den Eltern oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Schule gefahren. Stattdessen kommen sie morgens zu Fuß oder mit dem Fahrrad in die Schule und gehen oder fahren so nachmittags auch wieder nach Hause.

Schon allein das wären fünf zusätzliche Bewegungseinheiten pro Woche, die je nach Entfernung zwischen Wohnung und Schule kürzer oder länger sind. Bei langen Distanzen könnte eine Teilstrecke gefahren, der Rest durch eigene Bewegung zurückgelegt werden.

Für welche Option sich Eltern und Kinder auch entscheiden, es gibt gute Gründe, den täglichen Schulweg bewegter zu machen.

„Für den Mehrwert, den ein ‚bewegter Schulweg‘ hat, gibt es ganz gute Studien. Die Kinder kommen frischer in die Schule und machen dann auch besser mit.“

Quelle: Jens Bucksch in ZEIT Online

2. Bewegung mit Spiel und Fantasie verbinden

Um Bewegungsmangel bei Mädchen, aber auch bei Jungs, vorzubeugen, gibt es verschiedene Strategien. Eine ist, Bewegung spielerisch in den Alltag einzubauen und mit kleinen Storys oder Fantasiereisen zu kreativen Sport-Challenges zu verknüpfen.

Hier sind ein paar simple, kreative Beispiele:

Stell dir einen alten Turm vor. Ganz oben, im 10. Stock, ist ein lustiges Alpaka eingesperrt, das ständig Witze erzählt. Du musst es retten, sonst wird es traurig und erzählt nie wieder einen Witz. Jedes Mal, wenn du mit dem Fahrrad in die Schule fährst, kommst du im Turm ein Stockwerk höher. Schaffst du es in zwei Wochen nach ganz oben? Dann winkt dir als Belohnung ein Alpaka-Witz.

Es kann ganz viele Türme geben, in denen witzige Alpakas eingesperrt sind. So lässt sich diese Challenge beliebig wiederholen.

Anderes Beispiel:

Jeden Sonntag versucht ein kleines, hinterlistiges Monster (es ist nicht gefährlich, eher niedlich), unsere leckeren Erdbeeren zu klauen. Wir müssen es verscheuchen. Das klappt aber nur, wenn wir jeden Sonntag mindestens 15 Minuten lang wild durch die Gegend laufen und ordentlich Radau machen, damit es flieht. Lass uns das gemeinsam machen.

Die Story muss weder realistisch, noch tiefgründig sein. Sie dient nur dazu, Bewegung in einen sinnvollen Kontext einzubetten.

Du tust das, um das Alpaka zu retten kann als Grund, sich zu bewegen, mächtiger sein als Du tust das, weil es gesund ist.

Unterschätze nicht die Kraft von Spiel und Fantasie!

Für weitere Beispiele, sieh dir mal diese kreativen Sport-Challenges für Kinder und Erwachsene an.

Lauf-Challenge Spielfelder von Crowdlauf

Beitragsbild erstellt mit Canva Magic Media